Hebräer

Zu Beginn der christlichen Epoche verkündeten die Aposteln das Evangelium vor allem in Palästina, das war eine turbulente Zeit. Massenweise bekehrten sich Juden und wurden wiedergeborene Christen. Andere hielten sich für Christen, waren aber nicht wirklich bekehrt. Wiederum andere waren in einer Entscheidungskrise und mussten sich noch entscheiden, das Evangelium im Glauben anzunehmen.

Der Hebräerbrief wurde nicht an eine örtliche Gemeinde gerichtet, sondern an die Hebräer, also an Juden in Palästina. Die Hebräer waren Juden, die das Evangelium hörten und sich zum christlichen Glauben bekannten. Sie hatten ein christliches Bekenntnis aber dennoch gab es unter den Hebräern offensichtlich drei verschiedene Personengruppen:

  1. Wiedergeborene Christen: Von den Hebräern bekehrten sich viele Juden zu Jesus Christus und wurden somit wiedergeborene Christen. Diese benötigen Ermutigung, da so von ihren jüdischen Landsleuten massiv verfolgt wurden. Des weiteren benötigen sie Belehrung über den christlichen Glauben, um sich ganz vom Judentum loszulösen, da sie teilweise noch stark im jüdischen Denken verwurzelt waren.
  2. Mitläufer: Unter den Hebräern waren auch Juden, die zwar vorgaben Christen zu sein, aber in Wirklichkeit keine wiedergeborenen Christen waren. Sie erkannten die Vorzüge des christlichen Glaubens, sie hielten sich unter den Christen auf und hatten sogar ein christliches Bekenntnis. Sie waren erweckt, aber nicht bekehrt. Diese standen in Gefahr vom christlichen Glauben wieder abzufallen. Abfallen heißt, den christlichen Glauben schließlich doch zu verleugnen und wieder ganz zum Judentum zurückzukehren, anstatt sich wirklich zu bekehren – vermutlich aus Angst vor Verfolgung.
  3. Ablehnende Ungläubige: Unter den Hebräern waren auch Juden, die in Gefahr standen das gehörte Evangelium nicht nur durch Unglauben abzulehnen, sondern sogar massiv zu verwerfen. Diese Ablehnung oder gar verachtende Verwerfung des christlichen Glaubens gleicht einem Abfall.

Mit dem Wort „wir“ identifiziert sich der Autor mit den Herbräern. Unter den Hebräern waren wiedergeborene Christen, aber auch Schein-Christen, die zwar ein christliches Bekenntnis hatten, aber nicht wiedergeboren waren (siehe Einleitung).

Abgleiten“ bedeutet hier nicht, das unmoralische bzw. sündige Verhalten eines wiedergeborenen Christen oder gar dass er wieder verloren gehen könnte.

Abgleiten bedeutet, die „große Errettung“ die Jesus begonnen hat zu verkündigen, zu missachten obwohl sie mit göttlicher Autorität verkündigt wurde (Vers 3). Diese Rettung aus Gnade ist also das, „was sie gehört haben“.

Einige standen in Gefahr, anstatt sich zu bekehren, sich gegen den christlichen Glauben zu entscheiden bzw. beim Judentum zu bleiben und somit die göttliche Autorität und Bestätigung der Verkündigung zu missachten.

Ab Vers 7 geht es um eine Warnung vor Unglauben (Vers 12.19) wofür das Volk Israel in der Wüste als Negativbeispiel herangezogen wird.

Böses Herz des Unglaubens

In diesem Vers bzw. Abschnitt geht es nicht um wiedergeborene Christen. Die Adressaten des Briefes, die Hebräer, waren Juden in Palästina, die sich zum christlichen Glauben bekannten. Dabei waren keineswegs alle Hebräer wiedergeborene Christen. Es gab Hebräer die in Gefahr standen, ihr Herz für das gehörte Evangelium schließlich doch zu verhärten und mit Unglauben abzulehnen. Ein verhärtetes und ungläubiges Herz wird hier als „böses Herz“ (siehe Vers 9) bezeichnet.

Abfallen vom lebendigen Gott

Die verhärtete Ablehnung des Evangeliums ist nicht nur ein Abfall vom christlichen Glauben, sondern letztlich eine Verwerfung des lebendigen Gottes selbst. Es geht hier nicht um die Entscheidung zwischen Judentum und dem christlichen Glauben. Denn wer das Evangelium ungläubige ablehnt verwirft nicht nur die „große Errettung“ durch Gnade, sondern Gott selbst. Dieser fällt ab vom lebendigen Gott.

Betrug der Sünde

Die sündigen Natur („die Sünde“) im Mensch verleitet ihn dazu, anstatt auf die Stimme Gottes zu hören im Ungehorsam dem Eigenwillen zu folgen. So wird der Mensch von der Sünde getäuscht, ja betrogen. Das Wesen der Sünde ist Gesetzlosigkeit, das heißt Ungehorsam gegenüber Gott. Diese Haltung des Ungehorsams führt zur Verhärtung.

Heute hören

Die gläubigen „Brüder“ sollten darauf achten, dass niemand unter den Hebräern mit einem ungläubigen Herz das Evangelium der Gnade ablehnt und so abfällt vom lebendigen Gott. Sie sollten darauf achtgeben, dass niemand „zurückbleibt“ (Hebräer 4,1), sondern alle dem Appell folgen: „Heute wenn ihr seine Stimme hört…“(Vers 7.12.15). Dieser Appell verdeutlich, dass diese Gruppe der Hebräer noch nicht bekehrt waren, denn sie wurden ja damit aufgefordert das Evangelium gläubig anzunehmen.

Wie bereits eingangs im Kapitel („Das christliche Bekenntnis der Hebräer“) beschreiben, waren nicht alle Hebräer wiedergeborene Christen. Zur damaligen turbulenten Zeit gab es unter ihnen auch Hebräer, die sich zwar für Christen hielten, die ein christliches Bekenntnis hatten, aber nicht wirklich wiedergeboren waren. Sie waren erweckt, aber nicht bekehrt und standen in Gefahr wieder zum Judentum zurückzukehren, das heißt abfallen vom christlichen Glauben zu dem sie sich bekannten. Diese christlichen Mitläufer werden durch fünf Merkmale charakterisiert.

Merkmale der christlichen Bekenner
  1. sie waren einmal erleuchtet: Erleuchtet zu sein bedeutet nicht wiedergeboren zu sein. Diese Menschen wurden ins Licht Gottes gestellt. Sie wurden sozusagen angestrahlt von der Wahrheit und der Heiligkeit Gottes (=Licht). Sie wurden in das überführende Licht Gottes gestellt, aber sie waren keine wiedergeborenen Kinder des Lichts. „Erleuchtet sein“ bedeutet auch erkennen, das heißt sie haben die Wahrheit erkannt (Hebräer 10,26). Als „Erleuchtete“ haben sie erkannt, dass Jesus und der christliche Glauben der wahre Weg ist.
  2. sie hatten die himmlische Gabe geschmeckt: Schmecken ist eine Metapher für das Kosten einer himmlischen Gabe bzw. Speise. Diese Gabe ist letztlich Christus selbst. Das bedeutet, sie hatten einen Eindruck bekommen von dem himmlischen Charakter des christlichen Glauben und der Person Christ, im Gegensatz zum irdischen Charakter des Judentums. Sie haben erkannt, dass Jesus Christus der Weg in den Himmel zum Vater ist. Schmecken heißt nicht „essen“ im Sinne von Johannes 6,52ff. Dort ist dies ein metaphorischer Begriff für Jesus innerlich ins Herz aufnehmen durch den Glauben, gemäß Epheser 3,17.
  3. sie waren teilhaftig [des] heiligen Geistes: Teilhaftig heißt nicht „versiegelt“ mit dem Heiligen Geist (2. Korinther 1,22ff). Sie hatten den Heiligen Geist innewohnend, sondern lediglich Anteil am Wirken des Heiligen Geistes. Sie hatten nicht die Person des Heiligen Geistes immanent, sondern nur Anteil an seinen Taten und an seiner Kraft. In der Gemeinde Gottes gibt es geistliche Gaben zur Erbauung der Gemeinde (1. Korinther 14,12). Das Wort „teilhaftig“ ist nicht koinonos (starke, innere Gemeinschaft habend), sondern das schwächere Wort metochos (teilhaftig).
  4. sie hatten das gute Wort Gottes geschmeckt: Sie haben festgestellt, wie wunderbar Gottes Wort ist (Lukas 8,13) und auch gehört von der göttlichen Botschaft der großen Errettung, die ihnen verkündigt wurde.
  5. sie hatten die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters geschmeckt: Das „zukünftige Zeitalter“ ist das 1000 jährige Friedensreich, das messianische Reich. Im tausendjährigen Reich wird es wieder Zeichen geben (Jesja 35,5-6). Jesus bekundete auf der Erde seine Messianität und göttliche Botschaft durch Zeichen und Wunder. Diese Bekundung setzte sich nach Pfingsten zu Beginn der christlichen Epoche durch die Apostel fort. Die Hebräer waren Augenzeugen dieser Wunder und haben dadurch einen Vorgeschmack vom tausendjährigen Reich bekommen.
Die abgefallenen Mitläufer

Diese Bekenner (Juden) haben also die himmlische Wahrheit des christlichen Glaubens erkannt, das Wort Gottes gehört, die vollmächtigen Wunder Apostel gesehen und die Gaben des Geistes in der Gemeinde Gottes miterlebt. Und dennoch standen sie in Gefahr dem christlichen Glauben, ja Christus selbst den Rücken wieder zuzukehren, anstatt sich zu bekehren.

Aus Angst vor Verfolgungen oder letztlich doch aus eigenwilligen Unglauben, kehrten scheinbar einige Hebräer die sie für Christen hielten, wieder zurück zum Judentum. Sie haben Christus damit bewusst und definitiv verworfen. Sie ziehen sich zurück zum Verderben: Hebräer 10,39. Das ist abfallen.

Keine Möglichkeit zur Umkehr

Ein Mensch, der in dieser Deutlichkeit von Gott erweckt, gerufen und überführt wurde, trägt eine sehr große Verantwortung wie er mit diesem Angebot umgeht. Diese Mitläufer hatten nicht spontan das Evangelium auf den Straßen Palästinas gehört, sondern sie hielten sich scheinbar unter den Christen auf und bezeichneten sich selbst als Christ.

Wer dann Christus bewusst und definitiv verwirft, hat keine Möglichkeit mehr wieder zu Christus umzukehren. Sie wollen es auch nicht mehr. Entweder weil diese Menschen ihr Herz damit endgültig für Christus unwiderruflich verhärten, oder weil Gott ihre Entscheidung ernst nimmt und ihr Herz als Gericht unwiderruflich verhärtet – oder beides!

Praxisbeispiel eines Abfalls

Auch heute gibt es immer wieder Menschen die erkannt haben, dass Jesus und der christliche Glauben die Wahrheit ist. Sie sind „sehr christlich“ sind „sprechen viel von Jesus“. Sie haben das Christentum „für sich entdeckt“ und sind nun „fasziniert“ vom „christlichen Glauben“. Sie schwärmen vom Evangelium und von den „Weisheiten der Bibel“. Der christliche Glaube sei nun die „wahre Religion“ für die sie jetzt „eifern“ würden. Diese Bekenner zählen sich nun zu den „wahren Christen“ und „gehörten zur Christus“. Sie beginnen sogar aus Begeisterung zu „missionieren“.

Doch aus welchen Gründen auch immer, schleichend oder völlig unvermittelt, sind die Lehren des Buddhismus oder Islams für sie „auch göttlich“ und sogar in mancher Hinsicht „attraktiver“. Schließlich seien ja „alle Religionen von demselben Gott“. Nachdem sie sich dann intensiver beispielsweise mit dem Islam „beschäftigt“ haben, entschließen sie sich zum Islam zu „konvertieren“. Sie sind nun ein Moslem. Sie haben damit Christus verworfen und das Evangelium der Gnade mit Füßen getreten, anstatt sich aufrichtig zu bekehren. Sie sind abgefallen. Ich selbst war mehrfach Zeuge eines solchen Abfalls.

Der Autor identifiziert sich mit den Hebräern und schreibt deshalb „wenn wir“.

Mit willen sündigen

Mit „willen sündigen“ ist nicht das bewusste sündige Fehlverhalten eines wiedergeborenen Christen, sondern bedeutet, bewusst „den Sohn Gottes mit Füßen zu treten und das Blut des Bundes für zu unrein erklären“ (Vers 29).

Kein Schlachtopfer für Sünden

Es geht hier um „erweckte“ Menschen (Juden), die die Wahrheit erkannten, dass Jesus der Messias und Retter ist. Aber anstatt sich zu bekehren und von Jesus die Vergebung der Sünden anzunehmen, standen sie in Gefahr am Judentum festzuhalten. Demnach galt es Schlachtopfer zu opfern zur Vergebung ihrer Sünden. Aber Christus hat das jüdische Opfersystem abgelöst (ab Vers 1) durch sein vollkommenes einmaliges Opfer (Vers 10), das sie jedoch nicht im Glauben annehmen wollten.

Somit hatten sie keine Möglichkeit der Sündenvergebung mehr! Denn einerseits wurde das jüdische Opfersystem, auf das sie sich beriefen abgeschafft und andererseits nahmen sie den Sohn Gottes nicht an. Was dann für sie nur noch bleibt ist das Gericht Gottes.

Dieser Vers ist ein Appell an wiedergeborene Christen. Die Zuversicht ist das feste und hoffungsvolle Vertrauen auf den Herrn und den Verheißungen (Vers 8). Dabei geht es nicht um den rettenden Glauben, sondern um das praktische Vertrauen auf Gott in Zeiten der Bedrängnis und Verfolgung (Vers 32). Denn die Gläubigen waren massive Verfolgungen und Bedrängnissen ausgesetzt.

Die „Zuversicht wegwerfen“ bedeutet kleingläubig und mutlos zu werden, anstatt mit hoffnungsvollem Vertrauen im Leiden „auszuharren“.

Für die Zuversicht (=praktische Vertrauen auf den kommenden Herrn) gibt es eine „große Belohnung„. Am Ende des Ausharrens und Gehorsams (=den „Willen Gottes tun“) erwarten den Gläubigen die Verheißungen.

In diesen Versen geht es nicht um das praktische Vertrauen auf Gott (=Zuversicht) eines wiedergeborenen Christen in Zeiten der Bedrängnis wie in Vers 35.

Hier geht es um den rettenden Glauben zur Errettung der Seele und um den Unglauben der ins Verderben führt.

Der Rückzug bedeutet nicht, dass ein wiedergeborener Christ aufhört zu glauben. Der Gläubige zieht sich nicht zurück, denn solange bis der Herr kommt ist der Weg des Gläubigen ein Weg des Glaubens.

„Sich zurückziehen“ und „glauben“ stehen hier in einem Gegensatz. Es ist der Abgefallene der sich ungläubig zurückzieht „vom Weg des Glaubens“. Er zieht sich wieder zum Judentum zurück anstatt sich zu bekehren.

Beim Abgefallenen ist das Wort der Verkündigung, das sie hörten, „nicht mit Glauben vermischt“ (Hebräer 4,3).

Die Folge des ungläubigen Rückzugs ist das ewige Verderben.

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